Eine interessante Variante zum Problemkreis der „Frauenquote“,
die zugleich Grundlagen des Parlamentsrechts betrifft, hat sich in Österreich
aus Anlass der Nachfolge für ein verstorbenes Mitglied des Nationalrats ereignet:
Nachdem die Präsidentin des Nationalrats Barbara Prammer Anfang August verstorben
ist, müsste nach der Satzung ihrer Partei (der SPÖ) eine weibliche Abgeordnete
nachrücken, denn dort heißt es: „Scheidet
ein/e MandatarIn, unabhängig aus welchem Grund, aus, ist durch Nachrückung
sicherzustellen, dass die Einhaltung der Quote erhalten bleibt bzw. erzielt
wird.“
Eine Frau käme nach der Liste aber erst als weitere Nachrückerin
zum Zuge; der zuständige Verband nominierte denn auch den auf der Liste
nächstplatzierten Kandidaten, was zu einiger Aufregung führte.
Das wiederum verwundert: Auch in Österreich gilt wie in Deutschland
der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl (Art. 26 B-VG), der verhindern soll,
dass zwischen die Entscheidung des Wählers und das Mandat weitere
Entscheidungen anderer Stellen treten. Für den Fall des Nachrückens folgt aus
diesem Grundsatz, dass nach Maßgabe der Entscheidung der Wähler der nächste auf
der Liste platzierte Kandidat nachrückt, weshalb in Deutschland die Verfassungsmäßigkeit
des § 48 Abs. 1 Satz 2 BWahlG für den Fall des unfreiwilligen Ausscheidens aus
einer Partei kontrovers diskutiert wird. Danach kommt aber von vornherein nicht
in Betracht, dass ein Parteigremium über den Nachrücker entscheidet. Folgerichtig
sieht § 111 der österreichischen Nationalratswahlordnung ein Nachrücken nach
Maßgabe der (Listen-) Reihenfolge vor. Von einer solchen gesetzlichen Regelung kann
aber durch Parteistatuten gar nicht abgewichen werden. Diese offenbaren daher mindestens
Blauäugigkeit, möglicherweise aber auch einen laxen Umgang mit elementaren
Wahlrechtsgrundsätzen.