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Freitag, 15. Juni 2012

Eine "kleine Übung" im Öffentlichen Recht

In Sachsen geschehen merkwürdige Dinge: Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, verbietet die Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags nicht nur das Tragen "szenetypischer" Kleidung oder von Garderobe, die als Ausdruck extremer Gesinnungen verstanden werden kann. Vielmehr wurden jetzt die Abgeordneten der NPD von der Sitzung (sowie weiteren Sitzungen) ausgeschlossen und unter polizeilicher Begleitung  vor die Tür geleitet, weil sie Garderobe der in der "rechten" Szene offenbar (immer noch) beliebten Marke "Thor Steinar" trugen.

Dieser Vorgang könnte einen hübschen Fall für eine Übung im Öffentlichen Recht mit staatsrechtlichem Schwerpunkt bilden, gerichtet auf die Frage, ob der Ausschluss von der Sitzung und die dem zugrunde liegende Bestimmung der Geschäftsordnung zulässig sind. Der Vorgang wird auch schon politisch wie rechtlich kontrovers diskutiert; er bietet reichlich Stoff für tiefsinnige Erörterungen und feinsinnige Unterscheidungen (etwa zwischen "Hausrecht" und "Sitzungspolizei").

Unterm Strich sind die Rechtsfragen aber vielleicht einfach zu beantworten: Landtage genießen zwar Geschäftsordnungsautonomie. Diese Geschäftsordnungsautonomie berechtigt aber nicht zu beliebigen Einschränkungen der Rechte und (Verhaltens-) Möglichkeiten der Abgeordneten, denn sie ist funktional gerichtet auf (und damit zugleich begrenzt durch) den Zweck, den ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzungen eines Parlaments und die Durchführung der Verhandlungen zu gewährleisten. Es leuchtet aber nicht ein, wie es den Ablauf der Sitzungen oder auch die Würde des Hauses soll beeinträchtigen können, wenn Abgeordnete eine Kleidung tragen, die eine Haltung symbolisiert, von der jeder weiss, dass de betreffenden Personen sie haben (etwas anderes mag bei "bedrohlich" wirkender Kleidung - namentlich Uniformen - denkbar sein).

 Der Auschluss von der Sitzung könnte sich daher noch als unerfreuliches Eigentor erweisen, wenn nämlich ein Gericht den Ausschluss von den Sitzungen als rechtswidrig bewerten sollte. Wie der Tagesspiegel meldet, beabsichtigen die betreffenden Abgeordneten, den Rechtsweg zu beschreiten.