Befremdliches wird aus Ostwestfalen über die Nominierung eines (CDU-) Bundestagskandidaten vermeldet:
Die „Neue Westfälische“ berichtet über eine Strafanzeige, die ein hauptberuflich
als Kriminalhauptkommissar tätiger Ortsvorsitzender gegen einen Bewerber für
die Nominierung zum Bundestagskandidaten wegen des Verdachts der „Wählerbestechung“
eingereicht habe. Danach soll der Kandidat zahlreiche neue Mitglieder geworben
und ihnen „als Gegenleistung“ – wohl für Unterstützung bei der Nominierung – den
Jahresbeitrag für die Mitgliedschaft bezahlt haben. Weiter wird berichtet, dass
der anzeigeerstattende Polizist nach einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft
einen Aktenvermerk gefertigt habe, dem zufolge die Staatsanwaltschaft eine
Vernehmung des Beschuldigten angeordnet und für den Fall zähen Leugnens die neu
geworbenen Mitglieder vernehmen lassen wolle. Am vergangenen Freitag teilte die
Staatsanwaltschaft demgegenüber mit, man habe von der Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens in Ermangelung eines Anfangsverdachts abgesehen.
Was diesen Sinneswandel bewirkt und die Staatsanwaltschaft
von der avisierten Massenvernehmung Abstand nehmen ließ, wird zwar nicht
mitgeteilt. Möglicherweise war dies aber die Folge eines Blicks in das Gesetz: Der
Straftatbestand der Wählerbestechung (§ 108 b StGB) gilt gem. § 108 d SGB nur für
Wahlen zu den Volksvertretungen, für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen
Parlaments, für sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in den
Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie für Urwahlen in der
Sozialversicherung; die Teilnahme an einer parteiinternen Nominierung wird
daher von der Norm von vornherein nicht erfasst.
Darüber hinaus ist auch fraglich, ob der Tatbestand der Norm
erfüllt wäre, wenn man einen Sachverhalt unterstellte, bei dem neu geworbenen Mitgliedern
der Beitrag von dem Kandidaten erstattet würde: So ist es denkbar, dass
Personen aus persönlicher Verbundenheit einen Kandidaten bei einer Nominierung
oder Wahl unterstützen wollen und hierfür in eine Partei eintreten müssen, weil
die Wahlberechtigung an die Parteimitgliedschaft gekoppelt ist. Soweit diese Personen
für ihre Unterstützung nicht auch noch mit Kosten – dem Mitgliedsbeitrag – belastet
sein wollen, ist jedoch fraglich, ob überhaupt ein relevanter „Vorteil“
vorläge, wenn der Mitgliedsbeitrag von einem Bewerber übernommen würde.
Eine andere Frage ist, ob dem übereifrigen Anzeigeerstatter die
Angelegenheit noch auf die Füße fallen könnte, denn es scheint, als habe dieser
im Rahmen der Wahrnehmung seines Amtes als Polizeibeamter aufgrund einer
politischen Funktion erhaltene Information zum Gegenstand einer offensichtlich
unberechtigten Anzeige gemacht. Es lässt sich daher bezweifeln, ob unterschiedliche
Ämter und Funktionen hier in gehöriger Form auseinandergehalten wurden.