In der schwarz-weiß gewirkten Welt der Rechtspopulisten
halten bekanntlich die Staatsorgane ihre schützende Hand über Straftäter und
Migranten (für Rechtspopulisten sind das aber wohl ohnehin Synonyme), während
der brave Bürger durch „die da oben“ stets ausgenommen und gegängelt wird. Wie
diese Vorstellungen zustande gekommen, ist zwar rätselhaft, wie sie verbreitet
werden, aber nicht: Hier ein Grundkurs „Stimmungsmache durch Rechtspopulisten“:
Erster Akt: Ein halbwegs sachlicher Beitrag in der „BerlinerZeitung“ zu einem Zwischenfall auf einem Berliner S-Bahnhof: Ein Jugendlicher tritt gegen
einen Kinderwagen, ein Passant mischt sich ein. Es kommt zum Streit, der
Passant schlägt zu, der Jugendliche zückt ein Messer. Weitere Folgen bleiben
erfreulicherweise aus, die Polizei ermittelt. Hierzu behauptet die Zeitung, der
Passant müsse sich „auf ein Strafverfahren“ gefasst machen, weil er den
Jugendlichen geschlagen habe.
Zweiter Akt: Auftritt
Vera Lengsfeld. Unter der Überschrift „Bei Zivilcourage droht der Staatsanwalt“ wittert die rechtsgerichtete Publizistin, der eine Nähe zur AfD nachgesagt wird, ein „Stück aus dem Tollhaus“. Da habe jemand eingegriffen, als ein
jugendlicher „Intensivtäter“ ein Messer gegen Mutter und Kind zückte, um auf
diese einzustechen, und nun ermittele die Staatsanwaltschaft, weil der Passant
den Intensivtäter geschlagen haben soll.
Ein paar Verdrehungen, ein paar Auslassungen – fertig ist
die Bestätigung des Vorurteils. Richtig ist daran – nichts:
Näheres Hinsehen ergibt zunächst eine Ungenauigkeit des
Zeitungsartikels, da bislang offenbar nur die Polizei weitere
Sachverhaltsaufklärung betreibt. Dies liegt auch nahe, weil nach dem
Zeitungsbericht das (fortbestehende) Vorliegen einer Notwehr- oder Nothilfelage
zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung zweifelhaft ist. Ob es zu einem
staatsanwaltlichen Ermittlungs- oder gar einem Strafverfahren kommt, ist entgegen
der Darstellung in der Zeitung aber (zumindest) völlig offen – und nach aller
Erfahrung eher unwahrscheinlich.
Derart lästige Details stören Frau L. indes nicht. Sie
unterstellt ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren und setzt noch eins
drauf, indem behauptet wird, der Passant habe sich eingemischt, als der
„Intensivtäter“ mit dem Messer auf eine Mutter und ihr Kleinkind losging.
Tatsächlich enthält der Zeitungsartikel keine Anhaltspunkte dafür, dass der
junge Mann ein Messer gegen Mutter und Kind gezückt hätte oder auf diese
einzustechen drohte: Nach dem Inhalt des Artikels kam es zu einem Streit
zwischen dem Jugendlichen und dem Mann, in deren Verlauf der Jugendliche
geschlagen wurde – erst anschließend zog er ein Messer. Ob Mutter und Kind zu
dieser Zeit überhaupt noch vor Ort waren, wird nicht mitgeteilt. Im Übrigen ist der Artikel aber eindeutig: Ihm kann nicht entnommen werden, dass der junge Mann das Messer gegen Mutter und Kind gerichtet
habe. Dieser „Dreh“ wird von Frau L. aber benötigt, damit ihre Agitation gegen
den Rechtsstaat funktioniert; die Kommentare fallen entsprechend aus. Man merkt die Absicht und ist verstimmt...