Die EU-Kommission
hat im Juli vorgeschlagen, das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada als gemischtes
Abkommen zu qualifizieren und damit auch in den Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten zur
Abstimmung zu stellen. Die Bemühungen, international agierenden Unternehmen unter
gleichzeitiger Entmachtung der mitgliedstaatlichen Rechtsetzungsorgane weitgehende
Sonderrechte einzuräumen, gehen indes weiter. So soll das Abkommen unabhängig
von dem Ratifizierungsprozess vollständig für vorläufig anwendbar erklärt
werden. Gegen die Zulässigkeit dieses Vorgehens werden von Wolfgang Weiß,
Völkerrechtler in Speyer, aber jetzt durchgreifende Bedenken erhoben.
Dieser hybride Charakter, denn CETA nach dem Willen der Kommission bekommen soll, führt indes zu weiteren Problemen: CETA ist danach zugleich „EU only“ und gemischtes Abkommen – es drängen sich Assoziationen zu Schrödingers Katze auf – und bleibt es, bis der EuGH die „Kiste“ öffnet und den "wahren Zustand" des Abkommens ermittelt. Auf dieser Grundlage wäre die Kommission aber auf Basis ihres Standpunktes, dass „in Wahrheit“ ein „EU only-Abkommen“ vorliegt, selbst bei Scheitern des Ratifikationsprozesses nicht verpflichtet, die vorläufige Anwendbarkeit zu beenden. Diese könnte in eine faktisch endgültige Anwendbarkeit münden, sofern nicht der EuGH mit dem Abkommen befasst wird und feststellt, das es sich um ein gemischtes Abkommen handelt.
Was folgt daraus? Unabhängig von laufenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ist es politisch nicht sinnvoll, der vorläufigen Anwendbarkeit von CETA zuzustimmen; ohnehin gebietet der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht als Verfassungsorgan, hiervon angesichts anhängiger Verfassungsbeschwerden gegen CETA zumindest bis zur Entscheidung über Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen gegen dessen vorläufige Anwendbarkeit abzusehen. Im Übrigen wäre es wünschenswert, wenn der der EuGH alsbald mit CETA befasst würde – etwa über eine Subsidiaritätsklage oder im Gutachtenverfahren.