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Dienstag, 19. März 2013

Merkwürdige Maßnahmen einer Hartz-IV-Behörde



Dass man es als allein Erziehende(r) nicht immer leicht hat, ist allgemein bekannt. Das Behörden gerade Alleinerziehenden gelegentlich zusätzliche Schwierigkeiten machen, wird vielfach kolportiert. Indes gibt es Fälle, in denen sich die Frage stellt, ob das Vorgehen von Behörden durch Ahnungslosigkeit allein noch erklärt werden kann:

Die allein erziehende Mutter eines Kleinkindes bezieht „Hartz IV“. Der Kindsvater zahlt Unterhalt für das Kind, nicht aber für die Mutter. Die Behörde forderte daher die Kindsmutter unter Hinweis auf die ihr obliegenden Mitwirkungspflichten auf, Auskunft über die Einkünfte des Kindsvaters (!) zu erteilen. Ferner wurde die Kindsmutter aufgefordert, einen Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater geltend zu machen und der Behörde über ergriffene Maßnahmen zu berichten. Da die Behörde einen eigenen Auskunftsanspruch gegen unterhaltspflichtige Personen hat (§ 60 Abs. 2 SGB II), versteht sich allerdings nicht von selbst, dass die Behörde von einem Leistungsempfänger auch Auskünfte über das Einkommen eines Dritten verlangen kann, zumal ein Unterhaltsanspruch, der Grundlage eines vorgelagerten Auskunftsanspruchs des Leistungsempfängers gegen den Dritten sein könnte, mit dem Leistungsbezug ganz oder teilweise gemäß § 33 SGB II auf die Behörde übergegangen ist; auch die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs muss daher zwangsläufig auf Schwierigkeiten stoßen.

Die Aktivitäten der mit dieser Situation überforderten Kindsmutter beschränkten sich auf ein Telefonat mit der Behörde. Anschließend stellte die Behörde die Leistungen ohne Bescheidung gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 331 SGB III ein. Welche Tatsache hier kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen soll und deshalb eine Aufhebung des Leistungsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit erfordern könnte (§ 331 Abs. 1 SGB III), bleibt unerwähnt. 

Da sich die Einkünfte der Mutter nunmehr auf Kindergeld und Kindesunterhalt beschränken, sucht sie anwaltlichen Rat. Ein daraufhin geführtes Telefonat mit der Behörde führt nicht weiter. Vielmehr wird ernsthaft vorgebracht, in derartigen Fällen verfahre man „immer so“. Damit wird ein Eilantrag zum Sozialgericht erforderlich. Im gerichtlichen Verfahren macht die Behörde geltend, es sei Erledigung eingetreten, weil man die Stornierung der Zahlungen noch am Tag des Telefonats wieder aufgehoben habe. Dieses Vorbringen lässt im Grunde nur den Schluss zu, dass sich die Behörde der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst war und durch ein erledigendes Ereignis das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag beseitigen sowie eine Kostenentscheidung zu ihren Lasten vermeiden wollte. Dies allerdings wird nicht funktionieren, da auch der Eilantrag noch am gleichen Tage gestellt worden ist. Im Ergebnis wird daher der Steuerzahler die Folgen dieses merkwürdigen Vorgehens der Behörde zu tragen haben.