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Sonntag, 3. Juni 2012

Wahlkreiseinteilung und Qualitätsjournalismus

Bekanntlich sind "Blogs" eine zweischneidige Errungenschaft, denn sie ermöglichen es jedermann, auch bei nur gering ausgeprägter Fähigkeit zum schriftlichen Ausdruck auf Basis unzulänglicher Informationen Drolliges und Trolliges zum Zeitgeschehen beizutragen. Mancher mag sich daher die ("guten alten") Zeiten zurückwünschen, in denen der Satz von Paul Sethe galt, dass die Pressefreiheit "die Freiheit von 200 reichen Leuten [ist], ihre Meinung zu verbreiten“. Jedenfalls bedarf es aber des Qualitätsjournalismus in den Printmedien, um auf Basis gut recherchierter Information substantiell unterrichtet zu werden. Das gilt gerade auch bei Rechtsthemen.

Auftritt "Neue Osnabrücker Zeitung" vom 1. Juni 2012:

Schon auf der ersten Seite der Printausgabe gelingt es, in einem Bericht über eine (Berufungs-) Verhandlung vor dem OLG Oldenburg wegen der Karmann-Insolvenz die Rechtsmittel der Berufung und der Revision durcheinanderzubringen. Richtig zur Sache geht es dann aber in einem Artikel zur Wahlkreiseinteilung in Osnabrück. Danach weicht die Wahlkreiseinteilung in Osnabrück von der Einteilung im Landeswahlgesetz ab. Wie es einer (gesetzlichen) Wahlkreiseinteilung gelingen soll, vom Gesetz abzuweichen, wird daberi leider nicht mitgeteilt. Jedenfalls mißverständlich ist daher auch die im Artikel wiedergegebene Forderung des Innenministeriums, einen Neuzuschnitt der Wahlkreise vorzunehmen, denn auch eine solche Forderung wäre an den Gesetzgeber zu richten, nicht aber eine kommunale Gebietskörperschaft


Nicht automatisch richtig ist ferner die (von der NOZ allerdings nur referierte) Behauptung eines Sprechers der Stadt, dass die Aufstellungsversammlungen der Parteien wiederholt werden müssen. Dazu ist vielmehr die mindestens theoretische Möglichkeit erforderlich, dass nach Maßgabe der gesetzlichen Wahlkreiseinteilung bei der Kandidatenkür in einem Wahlkreis nicht stimmberechtigte (weil tatsächlich im anderen Wahlkreis wohnhafte) Mitglieder mit ihrer Abstimmung auf das Wahlergebnis Einfluss genommen haben. 

Zu Recht zeigt sich daher die CDU gegenüber der Forderung nach Wiederholung der Kandidatenkür zurückhaltend, da bei einem Wahlergebnis der Kandidaten von jeweils mehr als 90 % das Relevanzkriterium kaum erfüllt sein dürfte. Im Übrigen wäre dies zunächst auch nur für die Zulassung des Wahlvorschlags von Bedeutung. Das auf diese Weise eine Anfechtbarkeit der Landtagswahl (oder gar vergangener Landtgswahlen!!) begründet werden kann, wie in dem Artikel angedeutet wird, ist - vorsichtig formuliert - fernliegend.


Was bleibt, ist ein Sturm im Wasserglas...