Im Internet sammelt eine neue Partei Unterschriften. Eine Organisation
namens „Demokratie in Bewegung“ verspricht auf der Internetseite „bewegung.jetzt“:
Wenn 100.000 Unterschriften für eine entsprechende Petition auf der Plattform „change.org“
zusammen kommen, trete man zur Bundestagswahl an.
Inhaltliche Positionierungen dieser Bewegung lassen sich
jenseits wohlklingender Leerformeln rund um Substantive wie „Transparenz“ und
Beteiligung“ bislang indes kaum feststellen. Offenbar wird hier nach dem
Prinzip gehandelt: Erst mal anfangen und später weitersehen. Allerdings wird
auf der Facebook-Seite der Organisation prominent ein Interview mit der Hamburger
Bürgerschaftsabgeordneten der Linkspartei Inge Hannemann verlinkt, nach deren
Auffassung es mindestens gegen die Menschenwürde und damit auch Art. 1 Abs. 1
GG verstößt, wenn der Staat an Personen, deren Lebensunterhalt er finanziert, die
Erwartung richtet, dass diese sich auch selbst um dessen Sicherung bemühen. Weiter
müssen alle Mitglieder einen Ethikkodex“ unterschreiben. Es bleibt abzuwarten,
ob die bislang unbekannte Führung der potenziellen Partei im Falle von
Verstößen eine öffentliche Selbstkritik nach rotchinesischem Vorbild anordnen
wird.
Schon jetzt geplant ist ferner eine Begrenzung von (in weiter
Ferne liegenden) Mandaten in Parlamenten auf zwei Wahlperioden. Offenbar soll qua
Satzung verhindert werden, dass die Mitglieder in einer demokratischen
Abstimmung auf den Gedanken kommen, bewährtem Personal weiter ihr Vertrauen zu
schenken. Denkbar sind indes auch andere Motive. Möglicherweise haben die wohl zu
einem großen Teil aus der NGO-Szene stammenden Gründer/innen auch erkannt, dass es
nicht nur interessanter, sondern auch lukrativer ist, politische Prozesse nicht
nur von außen qua Petition und Demonstration zu begleiten, sondern selbst aktiv
zu gestalten. Und sicher ist es nur Zufall, dass die Höchstzahl der Wahlperioden
mit dem Beginn eines Anspruchs auf spätere Altersbezüge korreliert.
Dessen ungeachtet birgt eine Begrenzung von Wahlperioden auch
verfassungsrechtliche Risiken, die sich nicht einmal aus der (im Übrigen verfehlten)
Annahme etwa des niedersächsischen Staatsgerichtshofs (Urt. v. 05.06.1985 - StGH 3/84) ergeben, die seinerzeit
von den „Grünen“ praktizierte „Rotation“ von Abgeordneten zur Mitte einer
Wahlperiode sei unzulässig. Da nämlich die Wahlrechtsgrundsätze auch für die
Wahlvorbereitung durch politische Parteien gelten, versteht sich die
Zulässigkeit eines solchen Ausschlusses von der Wählbarkeit durchaus nicht von selbst;
an die Diskussion um die Reservierung von Listenplätzen für Frauen sei
erinnert.
Davon unabhängig bleibt die Sinnhaftigkeit einer weiteren Partei,
die grün-piratige Transparenzgelübde mit Positionierungen der Linkspartei
verbindet, einstweilen noch im Dunklen. Ebenso rätselhaft ist, warum die Parteigründung
von dem Erreichen von 100.000 positiven Voten abhängig gemacht wird, denn dies ist
eine völlig gegriffene Zahl: Für den Start einer neuen Partei werden nicht so
viele Personen benötigt, wie Grüne und FDP (ungefähr) zusammen an Mitgliedern
haben, zum Erreichen der 5-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl wäre hingegen eine
deutlich siebenstellige Stimmenzahl erforderlich.
Bislang sind die Initiatoren von dem selbst gesteckten Ziel
auch noch weit entfernt. Zwar sind nach mehreren Wochen mittlerweile rund
53.000 Unterschriften erreicht. Indes kommen gegenwärtig nur wenige Hundert pro
Tag hinzu, so dass eine Extrapolation dieser Zahlen das Erreichen des selbst gesteckten Ziels
ungefähr zum Zeitpunkt der Bundestagswahl erwarten lässt. Das macht eine
Wahlteilnahme schwierig.